Cybersphere (1995)

CYBERSPHERE

Während der Arbeiten zu „THE KNIGHT MARE“ entstanden weitere Songs, die ich aber nicht auf dem Album unterbringen konnte. Sie passten von der Stimmung nicht so ganz hinein und blieben erstmal als Sequenzer-Daten auf dem ATARI gespeichert. Nachdem ich dann „THE KNIGHT MARE“ eingespielt hatte setzte ich mich mit diesen Ideen weiter auseinander. Hauptantrieb war das Experimentieren mit den sogenannten „Performances“ des TX81z. Ich wollte in verschiedenen Varianten ausprobieren, wie sich umfangreiche Stereo-Effekte auch mit den beschränkten Möglichkeiten dieses Rack-Synthies realisieren ließen. Der Titelsong ist quasi die Etüde zu diesem Konzept.

Im Studio

Im Studio

Es ist schwer ein Konzeptalbum zu erstellen – alles muss ja thematisch zueinander passen. Egal, wie viele alte Ideen man dann wieder aufgreifen kann, nicht alles will ins Gefüge passen. Also sollte das nächste Projekt einfach nur unabhängige Songs enthalten. Also genau das, was eben bei „THE KNIGHT MARE“ nicht gepasst hat.

Ich fand immer mehr gefallen an der Musik der „Berliner Schule“ – mir erschlossen sich immer mehr Tonträger von den bekanntesten Musikern dieser Sparte der elektronischen Musik. Auch Elemente der neuen Musikrichtung „Trance“ gefielen mir – mehr noch als „Techno“ und „Rave“. So ließ ich mich davon auch inspirieren und wählte Stilelemente aus diesen neuen Elektronik-Genres, die ich in meine neuen Werke einfließen lassen konnte.

Der erste Titel des neuen Albums war auch gleich der Titeltrack („CYBERSPHERE“). Je nachdem wie man ihn ausspricht, könnte man auch „Cyber’s Fear“ heraushören. Also etwas eher Dystopisches. Die rasante Entwicklung der Microelektronik, vor allem der Computer, kann auch beängstigend sein. Das habe ich versucht in „CYBERSPHERE“ umzusetzen. Der Track ist schnell und ich hatte Mühe, die Sequenzen und teils heftigen E-Piano-Parts im Sequenzer festzumachen. Ich habe versucht, beim Einspielen im Originaltempo zu bleiben, was so manchen „dicken Unterarm“ verursacht hat. Denn ich wollte die Dynamik auch beim Einspielen für mich erhalten, da mir so weitere Ideen für den Verlauf des Tracks kamen. So kamen verschiedene Blöcke der der Lead-Sequenz zustande, während Bass, E-Piano und Drums ihren Drive beibehalten konnten. Knapp nach der Hälfte des Tracks wird verschnauft, um dann mit einer anderen Basissequenz wieder Tempo aufzunehmen. So kamen dann die insgesamt etwas mehr als 22 Minuten zustande.

 

Bei „ETERNAL WINTER“ habe ich mich von den Eislandschaften an Nord- und Südpol unserer Erde inspirieren lassen. Ich war auch damals schon großer Fan von Dokumentationen im Fernsehen. So habe ich immer wieder gerne eingeschaltet, wenn es um Grönland, Alaska oder die Antarktis ging. Die schier endlosen weißen Flächen, das „white out“ vom zu langen hinsehen, das Glitzern der Eiskristalle in der Sonne. Es mussten „kalte“ Sounds her und eine drückende Stimmung. Das eintönige einzufangen und in Noten umzusetzen war relativ leicht. Die Auswahl der Sounds war schwieriger, selbst mit einer umfassenden Sample-Library für den Prophet 2000. Also, wieder selber samplen. Herausgekommen sind acht eisige Minuten, bei denen ich mich auch heute noch verlieren kann. Enthalten sind dabei auch Motive von Vangelis, Mike Oldfield und Brian Eno – der geneigte Musikhörer wird es sicherlich erkennen…

 

Der dritte Track, „AWAKENING“ ist eine persönliche Hommage an von mir sehr verehrten Musiker: Bernd Kistenmacher, ein Vertreter der jüngeren Berliner Schule. Seine Musik ist mir seit seinem Debut 1986 in der WDR-Sendung „Schwingungen“ bekannt und ich liebte seine Werke – bis heute. Besonders die Einteilung, die er oftmals bei seinen Songs vorgenommen hat: Ein seichtes Einstimmen auf den Song, bei dem die Instrumente auf einer Klangwiese („Pad“) miteinander spielen und auf den zweiten Teil einstimmen. Das Hauptmotiv wird hierbei vom kleinen Yamaha TX81z getragen, von dem ich die „digitale Oboe“ spielen lasse. Schließlich verstummen die beiden Oboen und der Sequenzer kommt mit dumpfem Bass aus dem Hintergrund. Hier spielen der Casio CZ-5000 und der TX81z zunächst die Hauptrolle, bevor der TX81z dann die Sequenzen allein übernimmt. Ein moderater Beat treibt den Song nun voran. Ich habe das ganze recht minimalistisch gehalten und dabei versucht, sowohl das Flair der Berliner Schule als auch die minimalistischen Gestaltungen eines Philip Glass einzufangen. Heraus kam ein Track, den ich heute noch liebe und in den ich immer wieder gerne eintauche…

 

Die „NIGHT ECHOES“ entstanden beim Improvisieren mit einigen Soundsamples des PROPHET 2000. Ich stolperte über diese Stimmensamples und mir kam sofort diese Harmoniefolge in den Sinn. So, das war die Basis, aber in welche Richtung sollte der Track gehen? Der TX81z lieferte einen satten Sweepbass darunter, aber irgendwie sollte das Ganze auch noch ein wenig „flittern“. Also gab der 19 Zöller von Yamaha auch die „digitale Harfe“ dazu, die rund um die Stimmen und die Strings (vom CZ-5000) herumfliegt. Und damit war auch das Bild im Kopf, das dem Song seinen Namen gab: Die Nacht, dunkel, finster, warm. Eine leichte Brise trägt Geräusche ans Ohr und über allem funkeln die Sterne. So zumindest meine Idee bei der Realisation des Songs. Heute würde ich allerdings den sweependen Bass etwas zurücknehmen – er ist doch etwas mächtig geworden. Ansonsten würde ich den Song so lassen und immer wieder mit ihm auf eine Kopfreise gehen…

 

Mit diesen vier Songs ist das Album „CYBERSPHERE“ dann auch beendet – eine knappe Stunde Klangreise ist vorbei und man ist wieder wohlbehalten in der Realität angekommen. In der Realität, denn alle diese mit den Songs vollzogenen Reisen sind virtuell, cybernautisch, nicht echt. Ich war nie in der Antarktis, in auf einer fremden Wiese aufgewacht oder so. Und so holt einen der letzte Ton dann doch wieder nach Hause zurück.

Hier könnte Ihr natürlich wieder das ganze Album im WAVE Format herunterladen und Euch auf CD brennen oder auf ein Abspielgerät kopieren. Ich wünsche viel Spaß und gute Unterhaltung.