Amarok im Norden…
Ich bin ja am Niederrhein geboren, aber da lebe ich heute nicht mehr. Es gibt einige Gründe, warum das so ist. Der Hauptanlass ist sicherlich mein Beruf – für einen Marinesoldaten gibt es da unten nun mal keine Arbeit. Die Niers ist nur bedingt schiffbar – Fregatten oder Korvetten passen da nicht wirklich hin. Maximal der Rhein käme noch in Frage.
Aber das ist nicht der einzige Grund für meine „Flucht“ in den Norden. Ich will das ganz unumwunden schildern: Ich wollte weg da! Nun, meine Erinnerungen an die Schulzeit sind nicht die besten, sieht man von meinem letzten Jahr auf der Penne ab. Ja, und einige Wochen davor. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nun mal nicht in die Schublade „Durchschnitt“ passe. Und das ist nicht erst seit ein paar Jahren so sondern war bereits zur Schulzeit der Fall.
Anders gesagt: Mit nicht alltäglichen Interessen und einem eher ungewöhnlichen äußeren Erscheinungsbild ist man in der Klasse gerne mal das Fünfte Rad am Wagen. Und das hat mich die Mehrheit der sogenannten „Klassenkameraden“ auch spüren lassen. Diese Schikanen haben mich von dort vertrieben – auch wenn ich dann leider Gottes doch einige wirklich sehr gute Freunde „zurücklassen“ musste. Aber es wären eben keine Freunde, wenn wir nicht heute noch in Kontakt stehen würden. Immerhin haben wir uns alle weiterentwickelt, sind verheiratet, einige von uns haben Kinder und auch einen Job, der sie nicht mehr nur in Kevelaer gehalten hat. Das nennt man Leben. Umso mehr bin ich froh, dass wir immer noch in Verbindung stehen! Danke an Euch – Ihr wisst, dass Ihr gemeint seid.
Ein weiterer wichtiger Grund, warum ich im Norden lebe: Ich fühle mich hier wohl. Ich liebe die Landschaften zwischen Dollart und Usedom. Ich mag die Menschen, das Plattdeutsche, die Küche, den Wind wie auch den Sturm. Mit jeder Brise unweit der Küste liegt der Geruch von Salz, Seetang, Meer in der Luft. Das ist für mich Wohlfühlen, das ist für mich Luxus – dort zu leben, wo andere Urlaub machen.
Ja, ich will Euch auch ein wenig neidisch machen, klar. Aber nehmt das nicht zu ernst, es ist immer ein Augenzwinkern dabei. Denn immerhin bin ich auch ’ne ganze Weile hin und her gezogen: Wilhelmshaven, Eckernförde, Flensburg, Glückstadt… Überall war es schön, überall ist es schön. Ja, klar, es gibt auch überall dort Schattenseiten. So lange aber insgesamt die guten Erinnerungen haften bleiben gilt: Dort ist es schön.
Ich kann nur ermuntern, den Norden Deutschlands – Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein – zu erkunden. Es gibt so viel zu entdecken: Länder, Menschen, Abenteuer – um es mit dem Titel einer Fernsehreihe zu benennen. Die Nordsee erkunden, den Lebensraum Wattenmeer, die Inseln der Nordsee. Es ist wirklich faszinierend, was man dort alles erleben und entdecken kann. Von Ostfriesland über Butjadingen, Wursten, Dithmarschen und Nordfriesland bis nach Dänemark. Die Nordseeküste ist so vielseitig, denn sie ist geprägt von den Gezeiten und überall anders von ihnen geformt worden.
Ihr solltet auch Hamburg mal einen Besuch abstatten. Diese Stadt muss man erleben. Ja, nun werden alle rufen: Du Landei empfiehlst Hamburg? Ja, das tue ich! Klar, ich fühle mich auf dem Land am wohlsten. Aber das heißt nicht, dass ich nie nicht in eine Stadt reise. Selbst als Landei ist man ja immer irgendwie von Städten „umzingelt“ – lässt sich nicht vermeiden. Und Hamburg ist nun mal eine von diesen Städten, eine, die man gesehen haben muss. Denn Hamburg ist so vielseitig: der Hafen mit den Landungsbrücken, den Werften, den Containerterminals. Dann die Innenstadt mit der Alster, dem Rathaus und natürlich der Shoppingmeile. Von da aus weiter in den Stadtpark oder die Alster entlang. Ins Planetarium, ins Thalia oder doch mal ins Ohnsorg-Theater. In eines der zahlreichen Museen oder mal einfach mit der Hochbahn quer durch die Stadt. In die Speicherstadt, den Michel rauf, in einer kleinen Rösterei eine besondere Tasse Kaffee genießen. Später lecker Fisch essen und den Schiffen zusehen. Hamburg ist geil! Sie ist das Tor zur Welt, die heimliche Hauptstadt, irgendwie.
Wer es lieber ruhiger mag dem sei die Ostsee empfohlen. Keine Gezeiten, flache Sandstrände von der Flensburger Förde bis Ahlbeck. Aber auch hier ist nicht alles gleich, hier ist die Landschaft nicht „uniform“. Die Landschaften Angelns sind sanft hügelig, bis Lübeck wechseln sich flache Sandstrände mit Steilküsten ab. Fehmarn bietet mit seinen vielen Leuchttürmen interessante Ausblicke, die sicherlich ein wenig dem Postkarten-Klischee der Küste entsprechen. Ja und? Wenn man dort Ruhe und Erholung finden kann ist das vollkommen legitim.
Entlang der Ostsee kann ich nur die Hansestädte empfehlen: Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald. Auch wenn sie nicht alle so groß sind wie die Hansestadt Hamburg so bieten sie doch reichlich Geschichte, Architektur und Kultur. Neben Fehmarn sind auch der Darß, Rügen und Usedom jede Reise wert. Neben vielen bekannten Attraktionen gibt es auch immer wieder die kleinen stillen Fleckchen zu entdecken. Wer gerne fotografiert oder mit Farbe und Pinsel kreativ ist wird im ganzen Norden immer wieder tolle Motive finden. Malerisch, pittoresk, idyllisch – ja, und Klischees dürfen auch gerne bedient werden. Und dazu gibt es viel Kultur – Musik, Theater, Skulpturen, Galerien.
Für mich steht eines fest: Ich möchte hier im Norden bleiben. Denn alles das würde mir fehlen, wenn ich hier weg müsste. Sicher, im Zeitalter energieeffizienter Autos und einem gut ausgebauten Bahnnetz ist der Norden immer erreichbar – aber das ist nicht dasselbe! Darum werde ich hoffentlich im Norden bleiben…